Digital Detox

Wie die Digitalisierung das Leben schneller, komfortabler – und stressiger macht 
…und was wir dagegen tun können

 Letztens saß ich mit ein paar Freunden am Mittagstisch zusammen. Wir warteten auf unser Essen, spielten mit unseren Smartphones herum. Und wir unterhielten uns über die Vergangenheit: Wie viel ruhiger ein Arbeitsleben doch gewesen sein muss. Wenn ein Arbeitsergebnis versendet war, dann war es erst einmal „weg“. Heute gibt es oft am selben Tag die Reaktion. Ein Vorteil, sicherlich. Allerdings auch eine unglaubliche Veränderung von Arbeitsweisen, von Kommunikationsverhalten, von dem, wie man auf Kunden-, Kollegen- und Vorgesetzten-Anforderungen reagieren muss. Die gleiche Entwicklung findet sich im Privaten: Früher war es unmöglich, eine Verabredung kurzfristig abzusagen. Der andere war einfach nicht mehr zu erreichen. Heute reicht eine schnelle Nachricht, um eine Verspätung oder Verhinderung mitzuteilen und das schlechte Gewissen zu erleichtern. Vieles wird unverbindlicher und definitiv: schnelllebiger. Bis ins heimische Wohnzimmer und auf die Couch reichen Medien und digitaler Konsum in allen Arten, wie wir alle wissen. Während die Serie vom Streaming-Anbieter läuft, checkt der eine Partner seine sozialen Medien während der andere nebenbei shoppt (der sog. „second screen“). Und das Diensthandy liegt oft auch noch daneben. Komfortabel? In vielen Fällen bestimmt. Ob das noch gesund ist? Der Menschenverstand sagt: Vermutlich nicht. Die Reizüberflutung, der wir ausgesetzt sind und an die wir uns gewöhnt haben, ist ganz einfach feststellbar: Alte Filme – viel zu langsam für uns. Ein Buch lesen, ohne zwischendurch den Instant Messenger zu checken – für viele undenkbar. Das E-Mail-Programm schließen, das Telefon stumm schalten, um in Ruhe und „offline“ eine Aufgabe zu erledigen – wann haben Sie das zuletzt gemacht? Während im Beruf eine „Digital Detox“-Therapie sicher nicht selbstbestimmt möglich ist, geht das im Privaten sehr wohl. Am einfachsten zu realisieren ist das sicher während der Urlaubszeit.

Dauerlösung: Den Alltag langsam anpassen

Doch auch im Alltag helfen kleine Schritte – es muss ja nicht unbedingt ein „kalter Entzug“ sein. Machen Sie das Smartphone jeden Abend für eine Stunde aus. Kaufen Sie sich einen analogen Wecker und nehmen das Handy nicht mit ins Schlafzimmer. Setzen Sie sich tagsüber zwei, drei feste Zeitpunkte, an denen Sie Ihre privaten Nachrichten checken und lassen das Handy ansonsten in der Tasche: Oder glauben Sie, dass Sie zwischendurch dermaßen wichtige Nachrichten erreichen, dass eine Antwort nicht zwei, drei Stunden warten kann? Und ganz entscheidend: Der „second screen“ ist eine üble Sache. Lassen Sie das sein! Konzentrieren Sie sich auf eine Hauptsache. Und vielleicht lassen Sie dann auch das eine oder andere Mal den „first screen“ weg und konzentrieren sich auf ein gutes Buch oder, noch besser, Ihren Partner! Am Ende dieses Aufrufs kommt ein kleines Geständnis: Glauben Sie nicht, dass mir das alles leicht fällt – oder dass ich es schon vollständig umgesetzt hätte. Es ist nicht einfach, sich den Reizen der digitalen Welten zu entziehen. Doch warum es nicht versuchen? Denken Sie daran: Ein kleiner Schritt ist besser als keiner – und ein guter Anfang, um wieder etwas „analoger“ zu werden.