Karolina Ashion
Die ukrainische Moderation findet nach ihrer Flucht in Neuss eine sichere Unterkunft.
In ihrer ukrainischen Heimat ist Karolina Ashion ein TV-Star: Die 46-jährige Fernsehmoderation mit ukrainischer Mutter und nigerianischem Vater arbeitet dort seit über 20 Jahren als Journalistin und Moderation für verschiedene Sender und Formate. Nun hat sie einen Arbeitsvertrag bei RTL News in Köln und wohnt auf der Neusser Furth. Wie es dazu kam, erzählt sie uns bei einem Treffen in der Innenstadt.
Karolina wohnt im Februar dieses Jahres bei ihrer guten Freundin Elina und deren Familie im Süden der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Ihre Mutter war Ende letzten Jahres verstorben, ihre langjährige Beziehung gerade in einer schwierigen Phase. Als der russische Präsident Putin seinen Angriffskrieg auf die Ukraine begann, fielen Bomben auch ganz in der Nähe ihres Wohnortes. Elina, deren Ehemann in Kiew ein großes Unternehmen führt, beschließt ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Auch Karolina packt das Nötigste zusammen. In zwei Autos flüchten die Freundinnen mit den Kindern, Elinas Mutter und Karolinas Hund zunächst in die Republik Moldau und von dort weiter über die Grenze nach Timisoara im Westen von Rumänien. Hier werden die Mutter und Kinder der Freundin von einer Bekannten aus Großbritannien in Empfang genommen, Elina fährt mit Karolinas Hund zurück nach Kiew und für Karolina stellt sich die Frage nach einer sicheren Zukunft.
Sie erinnert sich an einen Bekannten, den sie vor 16 Jahren auf einer Urlaubsreise nach Düsseldorf zufällig kennengelernt hatte. Er kann ihr in Neuss eine Bleibe vermitteln. Mit dem Flugzeug kommt sie nach Dortmund und von da weiter nach Neuss, wo sie am 8. März eintraf. „Ich bin so froh und dankbar, dass ich hier einen sicheren Platz gefunden habe,“ so die Moderatorin, die nicht lange wartete, sondern direkt überlegte, wie sie in Deutschland arbeiten kann. Sie nimmt Kontakt zum Fernsehsender RTL auf und moderiert seit Ende März von Montag bis Freitag das neue Nachrichtenformat „Ukraine Update“. Es läuft abends auf RTL.news, ntv.de und YouTube. Karolina präsentiert es auf Ukrainisch und versucht ihren Landsleuten, die ebenfalls geflüchtet sind, einen Überblick über die politische Situation in ihrem Heimatland zu geben. „Es ist das Beste, was mir passieren konnte, dass ich hier arbeiten kann“, sagt sie. In ihrer knappen Freizeit, sie pendelt jeden Wochentag von Neuss nach Köln, lernt sie Deutsch via Skype, denn „mein Job beruht auf Sprache, deswegen ist es für mich sehr wichtig, Deutsch zu lernen.“
In der Ukraine hatte sie nach dem Schulabschluss Ökonomie und Handel studiert und lange für ein pharmazeutisches Unternehmen gearbeitet. Fürs Fernsehen entdeckt wurde sie bei einem Café-Besuch mit ihrer Mutter. „Ein Mann hat mich einfach angesprochen. Er plante den ersten ukrainischen Musik-Sender und fragte mich, ob ich dabei sein möchte.“ Über zwanzig Jahre ist das her und seitdem ist Karolina ein fester Bestandteil der Fernsehlandschaft in dem osteuropäischen Land. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist ein früherer Kollege von ihr. Als Produzent einer der größten ukrainischen Fernsehsender hatte er sie in sein Team geholt, wo sie eine Morning Show moderierte.
Über die Zukunft denkt die sympathische Ukrainerin nicht wirklich nach. „Das darfst Du mich nicht fragen,“ sagt sie nachdenklich. Ihr drei-Monate-Vertrag wurde gerade um einen Monat verlängert, zudem dreht sie fünf Dokumentationen. Die Entscheidung, wie es für sie weitergeht, hängt von der Situation in ihrem Heimatland ab und ob es ihr gelingt, die deutsche Sprache zu lernen. „Manchmal träume ich, dass ich einfach eine Pille nehme und morgens perfekt deutsch spreche. Es ist sonst wirklich schwierig, seinen Platz in einem fremden Land zu finden.“
von Iris Wilcke