Vorsicht Glas!
Hinterglasmalerei von August Macke bis heute
Ausstellung im Clemens Sels Museum mit neuer Laufzeit bis Ende August
Eine leuchtende Klarheit, ein aus der Tiefe kommendes Strahlen – das ist es, was der Hinterglasmalerei ihren ganz besonderen Reiz verleiht. Die Errungenschaften des Blauen Reiters und der Rheinischen Expressionisten bilden den Ausgangspunkt der Ausstellung, in der das Clemens Sels Museum Neuss noch bis zum 30. August 2020 unter dem Motto „VORSICHT GLAS!“ die ganze Vielfalt der Hinterglaskunst zeigt, die bis auf den heutigen Tag fasziniert und in der zeitgenössischen Kunst ihre Anwendung findet.
Die Hinterglasbilder des Clemens Sels Museums Neuss werden durch ausgewählte Leihgaben privater und öffentlicher Sammlungen ergänzt. So entsteht ein beeindruckendes Raritätenkabinett mit Werken von Heinrich Campendonk, August Macke, Gabriele Münter, Paul Klee, Carlo Mense und Paul Adolf Seehaus, denen Hinterglasbilder des Malers Werner Schriefers sowie verschiedene Gegenwartspositionen zur Seite gestellt werden.
Unter anderem zeigen Michael Jäger, Camill Leberer und Gaby Terhuven raumbezogene Arbeiten, die zum Teil eigens für die kommende Ausstellung geschaffen wurden, um mit der bedeutenden Sammlung und eigentümlichen Architektur des Clemens Sels Museums Neuss zu dialogisieren.
Als der damals 22-jährige Krefelder Heinrich Campendonk 1911, einer Einladung seines Kollegen Franz Marc folgend, ins oberbayerische Sindelsdorf zog, entstand eine Brücke zwischen dem Rheinischen Expressionismus und der Künstlergruppe des Blauen Reiters, der – ähnlich wie andere Vereinigungen jener Zeit – die Einheit von Kunst und Leben anstrebte. Franz Marc, Wassily Kandinsky, Alexej von Jawlensky, August Macke, Paul Klee und ihre Mitstreiter ließen die Grenze zwischen Kunst und Kunstgewerbe fallen. Dabei ließen sie sich unter anderem von der volkstümlichen Hinterglasmalerei inspirieren, die sich zunächst Gabriele Münter aneignete und dann ihren Freunden vermittelte. »Als wir bei Marcs in Sindelsdorf zu Besuch waren, saßen wir abends alle um den runden Tisch und malten Glasbilder. Franz und Maria [Marc], August und ich, und manchmal waren auch Helmuth Macke und Campendonk dabei, die damals in Sindelsdorf lebten. Überhaupt beschäftigten sich seinerzeit viele Maler mit dieser etwas primitiven Volkskunst,« beschrieb August Mackes Ehefrau Elisabeth die schöpferische Tafelrunde.
Die Praxis dieser neuen, experimentellen Maltechnik war insbesondere für Franz Marc, August Macke und Heinrich Campendonk von wegweisender Bedeutung, wie beispielsweise der 1912 erschienene Almanach Der Blaue Reiter verrät, in dem nahezu ein Dutzend Hinterglas- und Spiegelbilder dargestellt sind. Als Campendonk dann im Jahre 1923 im Krefelder Kaiser Wilhelm Museum seine erste Einzelausstellung veranstaltete, widmete er diese Schau ausschließlich seinen Glasbildern. Und seither ist diese Technik für die Avantgarde geradezu unverzichtbar geworden.
Die Ausstellung wird gefördert von dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, der Jubiläumsstiftung der Sparkasse Neuss und dem Museumsverein Clemens Sels Museum Neuss.