Tigers-Headcoach Rufin Kendall: 

„Wir haben eine Vision“

Die TG Neuss Tigers sind in der 2. Basketball-Bundesliga der Damen am letzten September-Wochenende in die neue Saison gestartet. Tigers-Coach Rufin Kendall blickt im Interview auf die vergangene Saison, erläutert die aktuelle Kaderplanung, steckt das Saisonziel ab und formuliert Pläne für die mittelfristige Zukunft.

Top Magazin: Rufin Kendall, in der vergangenen Saison haben sich die TG Neuss Tigers zum Zweitliga-Klassenerhalt zittern müssen. Wie ist das Gefühl für die neue Saison?

Rufin Kendall: Es ist ein gutes und positives Gefühl. Wir hatten eine lange und etwas anstrengende Off-Season, unter anderen mit vielen Gesprächen und Suchen, aber das war mir und auch dem Verein schon vor Saisonende bewusst, weil wir uns einig
waren, dass wirklich etwas zu passieren hatte. 

Was waren denn aus Ihrer Sicht die größten Probleme für Ihre Mannschaft?

Die Kadergröße war von vornherein das größte Problem. Kurz nach meinem Einstieg waren wir immerhin meistens bei zehn Spielerinnen. Dann waren durch Corona und private Verpflichtungen oft nur sechs bis acht Spielerinnen da. Wir waren also ständig unterbesetzt, das war eine praktisch nicht zu bewältigende Herausforderung. Auf dem Feld müssen wir fünf gegen fünf spielen und funktionieren, aber wenn man über Monate nur sechs bis acht Spielerinnen im Training hat, ist eine kollektive Vorbereitung und Entwicklung nicht wirklich möglich. Manchmal musste ich Trainings- und Matchpläne ja stündlich verändern. Für jeden Trainer frustrierend und noch mehr für die Spielerinnen.

Welche Lehren haben Sie aus den Schwierigkeiten gezogen?

Langfristig denken und nachhaltig planen. Der Verein war ja im vorigen Jahr durch Abgänge und den Trainer-Wechsel schon einmal zu einem Umbruch gezwungen gewesen. Dieses Mal sollte ein selbst gesteuerter Umbruch mit echten Veränderungen vollzogen werden. 

Welcher Unterschied besteht denn zwischen dem „erzwungenen“ Umbruch vor der vergangenen Spielzeit und dem diesjährigen „Umbruch 2.0“?

Damals konnten wir nur reagieren. In diesem Jahr haben wir viel mehr agiert. Es bestanden mehr Steuerungsmöglichkeiten. Wir hatten diesmal eine größere Auswahl an Spielerinnen, die zu unserer Vision, unseren Zielen und meinem Spielstil passen, und konnten die Mannschaft entsprechend zusammenstellen.

Wie hat sich das auf die Kaderplanung ausgewirkt?

Wichtig war, dass der Kader größer wird, damit man verlässlich arbeiten und langfristig planen kann, und dass die Mannschaft jünger wird, damit man nachhaltig arbeiten und den jüngeren Spielerinnen immer mehr Verantwortung übertragen kann. Wir können so an unseren Zielen arbeiten. Wir haben dabei auch eine Vision, dass wir uns spätestens in der Saison 2024/25 wieder in der oberen Tabellenhälfte etabliert haben, und zwar mit einer guten Rotation von Spielerinnen, die sich mit dem Verein identifizieren, in der 2. Liga eine wichtige Rolle spielen und sich auch für höhere Aufgaben empfehlen können. 

Wie würden Sie Ihre neue Mannschaft charakterisieren?
Es ist eine Gruppe zusammengekommen, die menschlich und spielerisch homogener ist, auf allen Altersebenen miteinander verbunden ist und sich allein schon durch den neuen Konkurrenzkampf insgesamt verbessern wird. Wir wollten jetzt bewusst mehr jüngere Spielerinnen vor allem auch aus der Region, die man nachhaltig aufbauen kann. Wir hoffen, dass sich unsere einsatzwilligen U20-Spielerinen, ermuntert auch von den Routiniers, nicht zu lange verstecken.

In diesem Zusammenhang fällt zuletzt häufig der Name Johanna Huppertz. Kann und soll die Junioren-Nationalspielerin in Zukunft das Gesicht der Tigers werden?

Johanna soll eines der Gesichter werden. Sie ist jung, talentiert und bringt einiges an Ressourcen mit. In der kommenden Saison soll auch sie die nächsten Schritte machen. Wir haben aber noch weitere Talente und Spielerinnen mit einer Neusser Story im Team, die sich in den Vordergrund spielen können.

Wieder gehören die nordamerikanische Profis Brooklyn Mc-Alear-Fanus und Megan Swords zu Ihrem Team. Was zeichnet die beiden Spielerinnen aus?
Beide passen zu meinem eigentlichen Spielstil von Tempo-Basketball, sie sind zudem smarte und flexible Teamplayer. Brooklyn ist schnell und hat eine gute Übersicht, sie macht ihre Mitspielerinnen stärker, auch indem sie durch ihre Erfahrung mit den jüngeren Spielerinnen arbeitet. Megan ist ebenfalls sehr schnell unterwegs und beweglich. Außerdem sind beide menschlich ein großer Gewinn für uns. 

Wie ist die Vorbereitung gelaufen?
Ehrlicherweise nicht wie geplant. Durch Langzeitverletzungen wie bei Inga Krings und Jana Meyer, Reisen mit Jugend-Nationalmannschaften oder Berufsausbildung haben wir überwiegend nicht so arbeiten können wie gewünscht. Wir sind aber weiter sicher, dass die Integration schneller funktionieren wird, wenn einige wieder da sind. 

Welches Ziel stecken Sie sich mit den Tigers? 
Wir wollen junge Spielerinnen fördern, immer besser werden und ein gutes Basketball spielen. In der Tabelle werden wir weiterhin kleine Brötchen backen müssen, denn die Liga ist stärker geworden. Aber wir wollen uns mit dem Thema Klassenerhalt nicht auseinandersetzen. Die ersten acht Mannschaften erreichen wohl die Playoffs. Das nehmen wir uns vor.          

von D. Kramer

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